Zeit für uns: der iTE SI Practice Day
Eine gemeinsame Auszeit von allen Projekten und Themen – das ist der iTE SI Practice Day. Regelmäßig nehmen wir uns einen Tag lang bewusst Zeit, um Themen zu bearbeiten, die uns als Organisation und Team wichtig sind. Losgelöst vom Tagesgeschäft steht die Weiterentwicklung von uns als Unternehmen im Vordergrund.
Wie der Name „Practice Day“ vermuten lässt, geht es an diesen Tagen sehr praktisch zu: durch Ausprobieren und Anwenden von Erlerntem ist es das Ziel, erste Ergebnisse innerhalb weniger Stunden zu erarbeiten. In interdisziplinären Teams werden jeweils unterschiedliche Themenstellungen bearbeitet und neue Methoden kennengelernt, die wiederum unseren Projekten und Prozessen zugutekommen.
Dieses Mal stand der Tag im Zeichen der KI. Ein besonderer Fokus lag auf der Frage, wie der Mensch in den Entwicklungsprozess einer KI-Lösung miteinbezogen werden kann.
Eine Vorstellung und Einordnung des Themas „Menschzentrierte KI“ erhielten wir von Manuel Kulzer vom Kompetenzzentrum Usability 4.0, der als Moderator auch durch den Workshop leitete. Mitgebracht hatte er verschiedene Methoden, um während des Entwicklungsprozesses die Bedürfnisse der Anwender nie aus den Augen zu verlieren.
Der Mensch im Fokus: Human Centered AI
In human-centered design, the idea is to build things that aren‘t just advanced but also readily acceptable.
MacDonald et al. (2020)
Vor allem im Kontext unserer IIoT Building Blocks beschäftigen wir uns bereits intensiv mit KI. Verschiedene praktische Projekte haben wir schon umgesetzt, um sowohl die Möglichkeiten von KI kennenzulernen als auch deren Nutzen erlebbar zu machen. Denn in einem großen Teil bestehender Anwendungsfällen liegt der Fokus auf dem Einsatz von KI als Technologie und dem „Wie“ der Lösung ohne das „Wozu“ mit den am Prozess beteiligten Personen abgestimmt zu haben. Hier setzt das Konzept der Human Centered AI an. Es stellt im Gegensatz dazu den Menschen mit seinen Eigenschaften, Bedürfnissen und Verhaltensweisen in den Mittelpunkt.
Mit dem Blick auf menschzentrierte KI wird bei der Entwicklung einer KI-Lösung von Beginn an Wert daraufgelegt, dass Mensch und Maschine erfolgreich und wunschgemäß zusammenarbeiten können. Im Rahmen der menschenzentrierten Gestaltung gibt es verschiedene Methoden, die mittels iterativer Prozesse in den verschiedenen Phasen unterstützen, z.B. den Nutzungskontext zu verstehen, Ideen zu sammeln und umzusetzen oder Feedback einzuholen.
Während wir bei der Entwicklung der IIoT Building Blocks ebenfalls auf eine menschzentrierte Vorgehensweise bauen, kann gleichzeitig auch für die Lösungsentwicklung und deren Implementierung auf geeignete Methoden zurückgegriffen werden. Eine Methode, die durch die Konzeptions- und Umsetzungsphase leitet, ist das Scenario-based Design.
In vier Szenarien zum ersten Entwurf: das Scenario- based Design
Die Methode des Scenario-based Designs setzt auf die schrittweise Entwicklung vom Problem zur Lösung auf Basis von Geschichten. Dabei werden die Handlungen und Gefühle aus Sicht des Anwenders möglichst genau beschrieben, um über die Beschreibung verschiedener, aufeinander aufbauenden Szenarien zu ersten Interface-Entwürfen zu kommen. Im Gegensatz zu anderen UX-Methoden wird dabei eine „ideale“ Lösung schon früh im Prozess festgelegt. Alle Szenarien werden in Textform ausformuliert, um die Situation für alle Beteiligten möglichst greifbar zu machen.
Anhand der vier folgenden Ausbaustufen von Szenarien, wurden am iTE SI Practice Day zwei Problemstellungen aus dem industriellen Produktionsumfeld bearbeitet und Lösungen entwickelt:
- Problemszenario: Beschreibung des Anwenders, seines Problems und der Auswirkungen sowie der einzelnen Schritte, die er im Prozess durchlaufen muss
- Aktivitätsszenario: Beschreibung der konkreten Schritte mit dem zukünftigen, idealen System und den Empfindungen des Nutzers
- Informationsszenario: Beschreibung der im jeweiligen Schritt notwendigen Informationen sowie deren Form
- Interaktionszenario: Beschreibung der konkreten Aktionen, die der Nutzer in den einzelnen Schritten vornehmen muss
Mit diesen Szenarien als Grundlage konnten in einer nächsten Phase erste Entwürfe als Prototyp entwickelt werden. In der anschließenden Präsentation wurden diese den anderen Gruppen vorgestellt.
Usability bewerten: die heuristische Evaluation
In einem letzten Schritt ging es in die Phase des Testens und des Einholens von Feedback. Auch hierfür wurde eine UX-Methode angewendet: Die heuristische Evaluation ermöglicht es, die Gebrauchstauglichkeit eines Systems oder Produkts zu bewerten. Heuristiken sind vorgegebene Daumenregeln, die dabei helfen schnell und zielsicher Entscheidungen zu treffen, jedoch sind sie keine festgelegten Prinzipien und müssen entsprechend nicht zwingend zutreffen. Als Klassiker im Bereich der Usability haben sich die10 Heuristiken von Jacob Nielsen bewährt.
Diese wurden auch der Evaluation der am Practice Day entstandenen Ergebnisse zugrunde gelegt. In der praktischen Anwendung mussten sich die von den Gruppen ausgedachten Lösungen in der Analyse einer jeweils anderen Gruppe beweisen. Dabei wurde durch die wachen Augen der Teams zahlreiche Verbesserungen in verschiedenen Schweregraden entdeckt.
Ein eindrücklicher Tag: unsere Learnings
Wie immer war der Practice Day ein lehrreicher Tag, der wie im Flug verging und dank der praktischen Anwendung neuer Methode auch sehr eindrücklich.
Welche Erkenntnisse nehmen wir aus diesem Tag mit?
- Wir sind Fans von menschenzentrierter KI, denn der Ansatz deckt sich mit unserer Herangehensweise an Softwareprojekte – egal ob mit oder ohne KI.
- Wir kennen und können weitere Methoden, die uns in unserem Werkzeugkasten für laufende sowie zukünftige Projekten zur Verfügung stehen.
- Geschichten verbinden und schaffen durch eine intensive und bewusste Auseinandersetzung mit dem Sachverhalt ein tiefes gemeinsames Verständnis, weshalb wir gerne wieder mit dem Scenario-based Design arbeiten werden.
- Es braucht nicht viel Zeit, um erste greifbare Ergebnisse zu erstellen – zumindest mit so einem motivierten und engagierten Team.